KiKu-Kinderhaus Kumasi e.V.

Anna bewarb sich 2011 mit ihrer Projektidee bei der Civil Academy. Danach folgte die Gründung einer NGO in Ghana, der Landkauf sowie Hausbau vor Ort und 2015 schließlich die offizielle Eröffnung des Kinderhaus in Kumasi.

Erzähl uns von Deinem Projekt 

KiKu-Kinderhaus Kumasi e.V. ist ein eingetragener Verein mit Sitz in Bremen, der in Kumasi, der zweitgrößten Stadt in Ghana (Westafrika) ein Kinderhaus für vernachlässigte und misshandelte Kinder betreibt. Insgesamt hat das Kinderhaus 24 Betten, wobei immer auch mindestens sechs Betten für sogenannte „Notfall-Kinder“ vorgehalten werden – also Kinder, die ohne abgeschlossenes Gerichtsverfahren bereits zu uns ins Haus gebracht werden. Derzeit (Stand Juli 2019) leben 19 Mädchen und Jungen im Alter von 6 bis 17 Jahren bei uns im Kinderhaus. Die Kinder sind aus unterschiedlichen Gründen bei uns. Der Großteil von Ihnen wurde durch die eigenen Eltern in die Kindersklaverei verkauft. Generell dürfen die Kinder nur langfristig bei uns im Haus bleiben, wenn ein ghanaisches Gericht in Kooperation mit dem örtlichen Jugendamt und der Polizei unserem Verein in Ghana das Betreuungsrecht zugesprochen hat – das Sorgerecht für die Kinder verbleibt immer und in jedem Fall beim ghanaischen Staat. Die Kinder werden im Kinderhaus von vier Ghanaern tagein tagaus betreut. Neben einem Zuhause stellen wir den Kindern auch selbstverständlich die Krankenversorgung und den Schulbesuch. Der Verein in Deutschland kommt für alle laufenden Kosten des Kinderhauses sowie notwendige oder nachhaltige Investitionen (u.a. Solarlampen) auf.  

Woher nimmst Du Deine Motivation für Dein Projekt? Wie kamst Du auf die Idee? 

Ich selbst habe 2007 nach meinem Abitur eine Art freiwilliges soziales Jahr in Kumasi absolviert. Damals habe ich in einer Art „Auffangstation“ für Straßenkinder gearbeitet. Vor Ort habe ich mich in Land und Menschen verliebt und auch unseren jetzigen Country Director in Ghana, Eric Bonsu, kennengelernt. Es war Erics Idee/Wunsch mehr für die notleidenden Kinder in Kumasi zu tun. Daher haben wir nach und nach den Verein in Deutschland sowie die NGO in Ghana gegründet, das Kinderhaus gebaut und in Betrieb genommen. 

Du warst 2011 Teilnehmerin der 13. Runde der Civil Academy. Was hat das für Dich bedeutet? 

Die Civil Academy hat mir dabei geholfen, KiKu – was für mich viel mehr als nur ein Projekt ist und bleibt, da es nie abgeschlossen sein wird – rationaler und weniger emotional zu betrachten. Dadurch konnte ich Schwachstellen und Stolpersteine besser analysieren.

Wie ging es mit Deinem Projekt nach der Civil Academy weiter? 

Eigentlich hat KiKu nach der Civil Academy erst richtig angefangen. Zum Zeitpunkt meiner Teilnahme hatten wir gerade mal den Verein in Deutschland registriert. 2012 haben wir die NGO in Ghana gegründet und dann auch gleich mit dem Landkauf und dem Hausbau vor Ort begonnen. Im März 2015 wurde das Kinderhaus in Kumasi offiziell eröffnet. Seit Mai 2015 wohnen Kinder im Haus. Bis jetzt (Stand Juli 2019) konnte KiKu mehr als 60 Kindern ein Zuhause bieten.

Was waren Herausforderungen und Hürden, was war bisher Dein größter Erfolg mit Deinem Projekt? 

Die Zusammenarbeit mit den örtlichen Institutionen war zu Beginn nicht leicht, da das Misstrauen ihrerseits uns gegenüber groß war. Einige Waisenhäuser in Ghana spielen nicht nach den Regeln des ghanaischen Staates (Zertifizierung des Hauses, Aufnahme der Kinder nur nach Anordnung etc.). Durch kontinuierlich gute Zusammenarbeit wuchs aber das gegenseitige Vertrauen und mittlerweile sind KiKu als NGO und das Kinderhaus als Institution in Kumasi anerkannt und respektiert. Das zeigt sich auch darin, dass unser Kinderhaus mittlerweile die „schwersten“ Fälle durch das Jugendamt übertragen bekommt: Derzeit leben neun nigerianische Mädchen bei uns, die aus der Kinderprostitution befreit wurden. Diese Fälle haben eine ganz andere und besondere Sensibilität und stellen uns – auch wegen der Sicherheitsvorkehrungen für diese Mädchen (sie sagen vor Gericht gegen die Hintermänner aus) – vor große Herausforderungen. Daher sind wir derzeit auch auf Spenden angewiesen: https://www.betterplace.org/de/projects/71653-nothilfe-nigerianische-madchen/opinions#ppp-sticky-anchor

Der schönste Tag bei KiKu war der Tag der Eröffnung des Kinderhauses Ende März 2015. Es waren alle beteiligten örtlichen Behörden vor Ort und haben uns für unsere Arbeit gedankt. An dem gleichen Tag wurde ich persönlich auch als Dank im Ort des Kinderhauses zur sogenannten Queen of Development – einer traditionellen Stellung in der ghanaischen Stammeskultur – ernannt.

Der größte Erfolg für uns ist es aber immer, wenn Kinder, die zu uns kommen, sich hier beginnen heimisch zu fühlen und langsam aber sicher Vertrauen zu uns und den anderen Kindern fassen. Die meisten von ihnen kommen aus bitterer Armut und kennen so etwas wie „Privatbesitz“ nicht. Wenn sie dann bei uns im Kinderhaus realisieren, dass sie ihren Wasch-Schwamm nicht teilen müssen, sie ein eigenes Bett und eigene Klamotten haben, dann beginnen ihre Augen vor Ungläubigkeit zu leuchten – und genau das sind diese unbezahlbaren Momente, warum es sich „lohnt“ in etwas derartiges seine Zeit und sein Herzblut zu stecken.       

Was hast Du aus der Civil Academy mitgenommen? 

Mehr Rationalität und die Fähigkeit KiKu von außen betrachten zu können.

Was sind Deine Pläne für die Zukunft des Projekts / Deine persönlichen Pläne? 

Wir werden weiterhin den Kindern in Kumasi ein Zuhause bieten, in dem sie sich zu selbstständigen Individuen entwickeln können. Unser langfristiges Ziel ist es, durch Bildung Unabhängigkeit zu schaffen, sodass die Kinder irgendwann auf eigenständigen Füßen stehen können. Letztendlich soll sich hierdurch in ferner Zukunft auch das Kinderhaus in Ghana alleine tragen, sprich nicht auf Spenden aus Deutschland angewiesen sein.

Darüber hinaus versuchen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten Bewusstsein für Umweltthemen (Solarenergie, Müllvermeidung) zu schaffen. Und als Vision für die Zukunft steht der Aufbau eines „Frauenhauses“ auf dem Programm, wo u.a. die nigerianischen Mädchen, die aus der Kinderprostitution befreit wurden, eine sichere Unterkunft finden können.